Ist der Wert von Videospielen messbar?

  • 30. November 2016 / Videospiele

Diesen Monat hat Blizzard dir die Möglichkeit geboten, Overwatch ein Wochenende kostenlos auszuprobieren. Ich besitze Overwatch und konnte einige Freunde dazu bewegen, das Spiel mit mir zu spielen und zu testen.

Zusammen hatten wir in den Partien, die wir gespielt haben, durchaus Spaß. Als am Montag die Aktion von Blizzard vorbei war, fragte ich sie, ob sie sich das Spiel nun zulegen werden, da sie ja durchaus viel Freude damit hatten. Leider wurde diese Frage von allen Seiten verneint. Das Argument war, dass es für ein reinen Mehrspieler-Titel zu teuer wäre.

Das hat mich nachdenklich gemacht und mich zu folgender Frage geführt: Lässt sich der Wert eines Videospiels in Geld messen? Wenn ja, wie? Was für Faktoren gibt es noch? Meine Gedanken zu diesen Fragen möchte in diesem Artikel mit dir teilen.

Spielzeit

Fangen wir mit einem Wert an, der sehr gerne benutzt wird, um zu entscheiden sich ein Spiel zuzulegen oder nicht: der Spielzeit. Für viele ist es das Argument schlechthin. Ein Vollpreisspiel, welches lediglich eine Solo-Kampagne und nur wenige Stunden Spielzeit bietet, ist den Preis von 45 Euro meistens nicht wert. So zumindest die allgemeine Aussage.

Eine beliebte Formel ist folgende: Preis des Spiels geteilt durch die Spielzeit in Stunden. Angeblich hast du einen guten Kauf gemacht, wenn du bei dieser Rechnung auf 1 Euro oder weniger kommst. Beispiel: 45 Euro geteilt durch 60 Stunden ergibt 0.75.

Aber geht es bei Videospielen, genauso wie bei Filmen, nicht um viel mehr als nur um die Zeit, die ich be­spa­ßt werde? Ich finde dass besonders die oben erwähnte Berechnung ein sehr oberflächlicher Blick auf das Medium Videospiele ist und diesem gar nicht gerecht wird. Es gibt so viel mehr, dass dir als Spieler an einem Videospiel wichtig ist.

Vor allem geht es ja nicht nur um die bloße Anzahl an Stunden, sondern auch darum, was du als Spieler in diesen erlebst. Ich muss da ein wenig an den Begriff Quality Time denken.

Spielerfahrung

Wenn du ein Spiel spielst, dann ist das mehr als einfach nur unterhalten zu werden. Du bist Teil einer Geschichte oder eine Teams. Du hast Emotionen und erlebst das Spiel auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Du erlebst eine Spielerfahrung. Auch diese möchte ich betrachten, wenn ich über den Wert von Games schreibe.

Videospiele können dich emotional berühren, mitreißen, zum Lachen bringen. Sie können dir auch neue Sachen beibringen oder dazu bewegen, dich mit neuen Themen auseinandersetzen.

Das Spiel Firewatch kostet 19 Euro. Zum Durchspielen habe ich aber lediglich 4.5 Stunden gebraucht. Laut der erwähnten Rechnung habe ich also einen schlechten Deal gemacht. Für mein persönliches Empfinden war mir das Spiel diesen Preis aber auf jeden Fall Wert. Die Erfahrung, welche ich mit Firewatch hatte, war einmalig. Diese Geschichte aus der Ich-Perspektive zu verfolgen war ein unglaublich intensives Gefühl, welches ich vorher noch bei keinem anderen Spiel hatte.

Eine positive Spielerfahrung bieten dir aber nicht nur Einzelspieler-Titel. Auch Games wie Overwatch können das erreichen – wenn auch auf einer anderen Ebene.

Wenn du die Möglichkeit hast Abende voller Spannung und Humor mit deinen Freunden zu verbringen, dann sollte es dir den Preis eines Videospiels auf jeden Fall wert sein. Zumindest bei mir ist das so. Genau solche Abende können Spiele wie Overwatch bescheren, wenn du mit deinen Freunden in einem Team spielst und ihr euch via TeamSpeak absprecht.

Nun muss ich natürlich auch sagen, dass nicht nur Overwatch, sondern auch viele andere Mehrspieler-Titel das erreichen. Spiele, welche deutlich weniger kosten oder sogar Free2Play sind. Und damit bin ich beim nächsten Thema: Der Vergleich von Spielen und ihren (angeblichen) Werten.

Vergleiche zwischen Spielen

In der am Anfang erwähnten Situation wurde der Vergleich zwischen Overwatch und Battlefield 1 gezogen. Letzteres hat eine Kampagne und bietet auch im Mehrspieler viel mehr. Daher ist der Preis gerechtfertigt. Das war das Argument.

Auf den ersten Blick mag das stimmen. Aber ich erlaube mir jetzt einfach mal den Spaß und schaue mir das Ganze etwas genauer an.

Overwatch und Battlefield 1 im Vergleich

Das Argument »Kampagne«

Overwatch hat im Gegensatz zu Battlefield 1 keine Kampagne. Das stimmt. Allerdings werden zum Overwatch Universum Comics und qualitativ hochwertige animierte Kurzfilme herausgebracht, welche kostenlos im Netz zur Verfügung stehen. Dadurch bietet auch Overwatch eine Story, welche die Charaktere und das Universum herüber bringen und besser verstehen lassen. Wenn es dir also nur um die Story geht, haben beide Spiele etwas zu bieten.

Der größte Unterschied ist, dass die Geschichte in Battlefield 1 viel interaktiver und intensiver erlebt wird. Genau das ist ja auch der Vorteil von Videospielen gegenüber Filmen, Büchern und Comics. Aber zu sagen, dass das bei Overwatch komplett fehlt, wäre falsch.

Das Argument »Mehr Inhalt im Mehrspieler«

Ja, Battlefield 1 bietet viele unterschiedliche Waffen, große Karten, Fahrzeuge, Anpassungsmöglichkeiten an der eigenen Klasse und unterschiedliche Spielmodi. In Overwatch gibt es lediglich eine vordefinierte Anzahl an Helden mit festen Fähigkeiten. Diese bestimmten, wie die Klassen in Battlefield, deine Spielweise. Aber auch unterschiedliche Modi und Karten werden hier angeboten – auch wenn diese wesentlich kleiner ausfallen. Dafür glänzen sie mit mehr Liebe zum Detail.

Das alles ist aus meiner Sicht gar nicht der Knackpunkt, wenn ich den Mehrspieler von beiden Titeln vergleiche. Aus meiner Sicht ist vor allem der Support von Entwicklerseite interessant und ich denke, dass es da gravierende Unterschiede gibt.

Die Battlefield Reihe von Electronic Arts gibt es schon eine ganze Weile. Seit 2005 sind zehn eigenständige Spiele zu dieser Reihe veröffentlicht worden – und das nur auf dem PC. Zum Vergleich: Ebenfalls seit 2005 gibt es World of Warcraft von Blizzard, welches immer noch aktiv ist und weiterentwickelt wird. Erst in diesem August erschien das sechste Addon zum Online-Rollenspiel.

Was möchte ich mit diesem Vergleich zeigen? Seit den 2000er Jahren kümmert sich Blizzard langfristig um seine Spiele. WoW, StarCraft 2, Hearthstone und Diablo 3 sind alle schon seit Jahren auf dem Markt und von Nachfolgern ist keine Rede. Stattdessen wird sich auf Verbesserungen und Erweiterungen konzentriert. Kannst du dir so etwas bei Electronic Arts vorstellen? Ich nicht. Was bedeutet das für den Vergleich zwischen Overwatch und Battlefield 1? Ja, Battlefield 1 hat von Anfang an viel Inhalt. Dafür wird es aber bereits in zwei bis drei Jahren vom nächsten Battlefield abgelöst und somit den größten Teil seiner Community verlieren, wenn EA am momentanen Konzept festhält. Overwatch hingegen wird es, wenn Blizzard den Kurs beibehält, noch in fünf Jahren geben und um einige Inhalte erweitert worden sein. Von Overwatch wirst du als Spieler viel länger etwas haben als von Battlefield 1.

Es gibt bestimmt noch mehr Argumente, die ich in diesen Vergleich auflisten und näher darauf eingehen könnte. Da das aber nicht der Fokus dieses Artikels ist, fahre ich lieber fort.

Alle Argumente nützen nichts

Auch wenn ich über Argumente Schreibe und Spiele miteinander vergleiche, wird mir dabei eines bewusst: Das alles nützt rein gar nichts! Jeder Spieler hat seine eigenen Werte eines Spiels, die für ihn wichtig sind. Am Ende ist das Ganze immer noch eine Frage des persönlichen Geschmack. Letztendlich musst nur du wissen, welche Features und Aspekte eines Spiels dir den Preis wert sind und welche nicht.

Das bedeutet aber auch, dass du dich mehr als nur oberflächlich mit Spielen beschäftigen solltest, bevor du diese kaufst oder auch nicht kaufst. Achte nicht nur auf Wertungen von Spielemagazinen, Spielzeiten oder angepriesenen Features. Versuche dir so gut es geht selbst ein Bild von dem Spiel zu machen und entscheide dann für dich.

Schlusswort

Ist der Wert eines Videospiels messbar? Ja. Aber dieser Wert lässt sich zwischen Spielern nicht vergleichen. Jeder hat seine eigenen Aspekte eines Spiels, die für ihn den Wert ausmachen. So kannst du anderen Spielern gegenüber zwar erklären, warum das Spiel für dich den Preis Wert ist. Aber du musst auch akzeptieren, wenn dein Gegenüber das nicht nachvollziehen kann, weil ihm andere Punkte wichtig(er) sind.

Letztendlich zeigt sich aber mal wieder, dass du dir als Spieler immer genau anschauen solltest, aus welchen Gründen du ein Spiel kaufen möchtest – oder auch nicht. Denn nur wenn du so viele Informationen wie möglich hast, kannst du eine gute Entscheidung treffen und Enttäuschungen vermeiden. Und wenn du das beachtest, dann wird dir das Spiel am Ende den Preis mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wert gewesen sein.