Review – NieR: Automata

  • 1. Mai 2017 / Videospiele

Die letzten Wochenenden hat mich vor allem ein Spiel an den PC gefesselt: NieR: Automata. Nach über 30 Stunden Spielzeit habe ich das Wesentliche des Action-Rollenspiels durch und möchte dir gerne verraten, was für einen Eindruck NieR: Automata letztendlich bei mir hinterlassen hat.

Hinweis: Ich lasse die technischen Probleme, welche das Spiel auf vielen Computern macht, bewusst aus. Zum Einen, weil ich diese Probleme nicht habe und zum Anderen, weil ich das Spiel selbst bewerten möchte. Dennoch finde ich es natürlich erschreckend, dass nach über einem Monat noch kein offizieller Patch herausgebracht wurde.

Androiden zur Rettung der Menschheit

Vor vielen hundert Jahren sind Aliens auf der Erde gelandet, um diese mit ihren Maschinen zu erobern. Die Reste der Menschheit, die bereits seit vielen tausend Jahren vergebens gegen einen Killervirus kämpft, flüchteten auf den Mond und operiert seitdem von dort aus. Um die Erde kreist eine Weltraumstation, namens Bunker, von der von den Menschen erschaffene Androiden auf die Erde geschickt werden, um gegen die Maschinen der Aliens zu kämpfen. Die sogenannten YoRHa-Einheiten sollen den Krieg gegen die Maschinen gewinnen, damit die Menschheit eines Tages wieder zurück zur Erde kehren kann. Dabei sind die Androiden nicht nur gefühllose Roboter, sondern haben durchaus eigene Persönlichkeiten und Gefühle. Auch wenn sie diese eigentlich nicht zeigen dürfen.

Einer dieser Androiden hat den Namen 2B und ist einer der drei Hauptcharaktere, die du im Laufe des Spiels übernimmst. So beginnt NieR: Automata mit dem Anflug auf einer Fabrik und zeigt sofort, dass es sich mehr, als nur der üblichen Hack and Slay-Mechanik bedient. Während des Anflugs sitzt du in einem Kampfflugzeug und musst dir den Weg zum Ziel, wie in einem Bullet Hell-Spiel, frei schießen.

In der Fabrik angekommen, bist du zu Fuß unterwegs und steuerst 2B aus der Third-person-Ansicht, welche die meiste Zeit des Spiels als Kameraperspektive genutzt wird. Mit leichten und schweren Attacken, welche jeweils das leichte und schwere Schwert der Androidin verwenden, kämpfst du dich durch die Fabrik, die von vielen feindlichen Maschinen besetzt ist. Dabei stellt dir das Spiel außerdem einen Pod zur Seite. Der Pod ist ein kleiner neben dir schwebender Roboter, der auf dein Befehl hin Gegner mit Energiekugeln eindeckt oder eine Spezialattacke ausführt, von denen du im Spielverlauf weitere finden kannst.

Sollte deine Kampfkraft dann doch mal nicht ausreichen und ein Gegner greift dich an, kannst du mit einem simplen und richtig getimten Tastendruck ausweichen. Du musst aufpassen, von der Masse der Gegner nicht umzingelt zu werden. So lohnt es sich immer wieder, aus dem Getümmel heraus zu springen und dann von außen wieder anzugreifen.

Am Ende des ersten Levels steht dann auch schon der erste Bossgegner an, den es zu bekämpfen gilt. Dabei zeigt NieR: Automata, dass die gegnerischen Maschinen nicht nur kleine Blechhüllen sind, sondern auch schon mal so groß wie ein Hochhaus sein können.

Entdecken einer zerfallenen Welt

Nach den Ereignissen in der Fabrik geht es in die eigentliche Spielwelt, welche mehr oder weniger frei begehbar ist. Umso weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr Gebiete werden freigeschaltet. Zwar sind diese thematisch recht abwechslungsreich (Wüste, Freizeitpark, Stadt, Wald), in der Anzahl aber doch recht begrenzt. Und auch wenn die Welt auf der Karte recht groß aussieht, lässt sich alles recht schnell erreichen. Das ist aber nicht unbedingt etwas negatives, da du mit jeder weiteren Spielstunde die Bereiche immer besser kennenlernst und später ganz genau weißt, welche Routen dich wohin führen. Das ist aufgrund des häufigen Backtracking recht praktisch.

Optisch sind die Gebiete recht durchwachsen. In der Stadt kommt es zum Beispiel ganz darauf an, wo du dich gerade befindest. Sie hat Bereiche, in denen kahle Wiesen und Detailarme Hochhäuser das Bild bestimmen. Und dann gibt es wieder Bereiche, in denen Pflanzen durch die Gebäude ragen, Wasser durch die Straßen fließt und kleine Details eine wunderbare Szenerie erschaffen.

Insgesamt kommt die zerfallene Zivilisation der Menschen aber sehr gut zur Geltung. In der Wüste sind Wohnblöcke unter vielen Metern Sand begraben. Im Freizeitpark stehen alte und verrostete Attraktionen. Am Meer sind Hochhäuser von Wasser umgeben. Und die Natur im Wald konnte erblühen und hat Teile einer großen Burganlage zurückerobert. Außerdem ist jedes Gebiet mit einem eigenen Soundtrack hinterlegt, was für eine sehr gute Atmosphäre sorgt. Insgesamt ist der OST von NieR: Automata mehr als erstklassig.

Du als Spieler entdeckst beim Erfüllen von Aufgaben Stück für Stück diese Gebiete und lernst sie kennen. Aber was für Aufgaben hast du eigentlich, nachdem du in dieser Welt angekommen bist?

Kämpfen, kämpfen, kämpfen

Die Kommandantin der YoRHa-Einheiten, welche aus dem Bunker heraus operiert, hat dir und einen zweiten Androiden, namens 9S, den Auftrag gegeben, die feindlichen Maschinen zu beobachten und mehr über ihre Verhaltensweisen herauszufinden. Außerdem sollt ihr einem Widerstandslager von YoRHa, welches sich in der Stadt befindet, unter die Arme greifen. Das alles soll dazu dienen, den Krieg gegen die Maschinen irgendwann einmal zu gewinnen.

Spielerisch bedeutet das folgendes: Du wirst losgeschickt, um eine bestimmte Anzahl an Items zu finden und zurückzubringen. Diese liegen entweder herum oder bekommst du durch die Maschinen, nachdem du sie zerstört hast. Auch gibt es die ein oder andere Eskortierungsmission. Manchmal geht es auch nur darum, ein gewissen Gebiet zu erkunden und sich dabei den Weg durch die feindlichen Maschinen freizukämpfen. Auch wenn es ein paar Ausnahmen gibt, läuft es eigentlich in jeder Mission darauf hinaus, zu kämpfen. Naja, immerhin spielst du ja auch einen Kampf-Androiden.

Die Gegner, auf die du triffst, sind dabei nicht nur optisch recht unterschiedlich, sondern haben auch verschiedene Waffen und Angriffsmuster. Es gibt Maschinen, die laufen oder fliegen, welche, die dich aus der Ferne angreifen oder aus der Nähe und es gibt solche, die sind so groß wie du und andere, die viermal so groß sind. Das tut den Kämpfen unglaublich gut, da dadurch immer eine gewisse Abwechslung rein kommt und nicht jeder Gegner auf die gleiche Weise erledigt werden kann. Außerdem sind sie alle unterschiedlich schwer zu besiegen.

Da ich gerade schon mal beim Thema Kämpfen bin, noch ein paar Worte zum Kampfsystem. Durch die Kombination der leichten und schweren Attacken können unterschiedliche Arten von Angriffen durchgeführt werden. Auch gibt es die Möglichkeit zu einem Konter, wenn du nach dem Ausweichen direkt wieder angreifst.

Das Kampfsystem macht Freude und die Animationen sehen wirklich klasse aus. Allein das Zusehen macht unglaublich viel Spaß. Allerdings finde ich, dass das Ausweichen zu übermächtig ist und die Kämpfe zu einfach macht. Es ist möglich nahezu allen Angriffen einfach auszuweichen. Selbst wenn du von zehn Maschinen gleichzeitig angegriffen wirst. Alles was du tun musst, ist im richtigen Moment eine Taste zu drücken. Da die Gegner ihre Angriffe durch ein Aufblinken ihrer roten Augen ankündigen, ist das ziemlich simpel. Während meiner Spielzeit auf dem Schwierigkeitsgrad Normal bin ich nur dreimal gestorben.

Außerdem führt das einfache Ausweichen bei Kämpfen aus der Third-person-Perspektive auch gerne dazu, dass du dich im wilden Getümmel nur auf die Augen konzentrierst und kaum mehr ein Blick für andere Sachen hast. Eben weil die Kämpfe so cool aussehen, wirklich schade. Lediglich bei den Kämpfen gegen die Bossgegner oder vereinzelte Feinde trifft das nicht zu.

Basteln am perfekten Androiden

NieR: Automata ist ein Action-Rollenspiel. Also hat es natürlich auch solche Elemente. So können die Eigenschaften von 2B mit Mikrochips verbessert werden. Es gibt Chips für mehr Angriffskraft, mehr Verteidigung, mehr Bewegungsgeschwindigkeit und noch viele weitere. Jede dieser Verbesserungen gibt es in unterschiedlichen Stufen. Um so höher die Stufe, um so mehr Speicher nimmt ein Chip ein. So musst du als Spieler entscheiden, welche Eigenschaften du verbessern möchtest und wie stark, denn der Speicher ist begrenzt.

Du hast die Möglichkeit mehrere Zusammenstellungen abzuspeichern und zwischen ihnen zu wechseln – auch während der Kämpfe. Das gibt dir die Möglichkeit, deinen Kampfstil, einer Situation (Grinding, Bosskampf) oder an die Gegner anzupassen. Cool. Aber ich persönlich habe das nie gebraucht. Ich hätte mir gewünscht, dass das Spiel mich mehr dazu zwingt, über meine Konfiguration nachzudenken und diese zu ändern. Übrigens habe ich auch erst beim zweiten Durchlauf entdeckt, wie ich den Speicher erweitern kann. Das Spiel ist nicht immer gut darin, seine Mechaniken zu erklären.

Die Chips können entweder von feindlichen Maschinen fallengelassen werden, sind in Kisten versteckt oder können mit Geld gekauft werden.

Neben den Chips gibt es weitere Items, die gefunden werden können und Einfluss auf deinen Kampfstil haben: die Waffen. Von diesen gibt es unterschiedliche Typen: Kurzschwerter, Langschwerter, Speere und Kampfhandschuhe. Jeder dieser Typen spielt sich anders und auch die Attacken sehen sehr anders aus. Außerdem können Waffen gelevelt werden. Überall in der Welt befinden sich Rohstoffe, die gesammelt und genutzt werden können, um die Waffen stärker zu machen. Jede Waffe kann dabei bis Stufe vier verbessert werden. Neben zusätzlichen Eigenschaften und mehr Schaden schaltest du zu dieser Waffe etwas weiteres frei: die Geschichte. Jede Waffe hat ihre eigene kleine Geschichte und die erfährst du nur, wenn du sie auf das maximale Level bringst. Eine wirklich tolle Idee.

Story mit Tiefgang und Gefühl

Leidet die Story, wenn sich das Gameplay fast nur um das Kämpfen dreht? Nein, absolut nicht. Die Geschichte von NieR: Automata hat mich so sehr mitgerissen, wie schon lange keine mehr. Sie steckt voller mehr oder weniger versteckter Botschaften und bietet den ein oder anderen Moment, um mal ein wenig zu grübeln. NieR: Automata will unbedingt tiefsinnig sein und Gefühle vermitteln. Daher könnte es dir auch zu dick aufgetragen vorkommen. Mir persönlich hat das aber nichts ausgemacht und ich hatte viel Spaß mit der Geschichte um 2B und den anderen Androiden.

Das Besondere ist, dass das Spiel über zwanzig verschiedene Enden hat, von denen fünf die Hauptenden darstellen. Auf dem Weg zu diesen Enden spielst du nicht nur die Androidin 2B, sondern auch andere und erlebst die Geschichte dadurch aus unterschiedlichen Perspektiven. So hatte ich nach dem ersten Ende unglaublich viele offene Fragen und das Spiel hat es tatsächlich geschafft, mit jedem weiteren Durchlauf ein paar dieser zu beantworten, bis zum Schluss nur noch ein paar wenige und unwichtige übrig blieben. Super!

Auch dass du nicht alleine unterwegs bist, sondern mit 9S einen Begleiter hast, tut der Geschichte unglaublich gut. Zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Androiden entstehen immer wieder interessante kleine Dialoge, welche ihre Eigenschaften und Standpunkte gut unterstreichen.

Aber nicht nur die Hauptgeschichte konnte mich überzeugen. Auch die ein oder andere Nebenmission bleibt mir auch heute noch aufgrund ihrer Geschichte im Gedächtnis. Das kommt vor allem auch daher, dass die Geschichten in NieR: Automata brutal ehrlich sind und nicht immer ein gutes Ende haben. Sie zeigen auch das Böse, Hinterhältige und die ein oder andere tragische Figur. Manchmal auch dann, wenn du es am wenigsten erwartest.

Worunter die Geschichten in NieR: Automata wohl am meisten leiden, ist die Tatsache, dass das Spiel eine Fortsetzung ist und daher Vorwissen erfordert. Du kannst dem wesentlichen Teil auch ohne dies verstehen. Aber du hast die Möglichkeit so viel mehre Liebe für das Detail zu entdecken, mehr Kleinigkeiten zu erfahren und ein viel besseres Gesamtbild zu bekommen, wenn du dich im Vorhinein mit der Geschichte von NieR aus dem Jahr 2010 beschäftigt hast.

Schlusswort

NieR: Automata war für mich eine unglaublich tolle Spiele-Erfahrung. Das lag am Großteil aber auch daran, dass ich im Vorhinein kaum Informationen über das Spiel hatte und es mich dadurch an vielen Stellen überraschen konnte. Außerdem habe ich mir über eine Stunde YouTube-Videos zum Vorgänger angeguckt, um vorbereitet zu sein. Gelohnt hat es sich allemal.

NieR: Automata hat seine kleinen schwächen und es hätte noch besser sein können. Aber das Gesamtpaket stimmt und vor allem die Geschichten, die das Spiel erzählt, haben bei mir einen bleibenden guten Eindruck hinterlassen. Das Spiel hat mich gut in dieses fiktive Universum hinein gerissen und mich hungrig nach Informationen gemacht. Ich wollte immer noch mehr wissen und mehr erfahren. Klasse.

Das Kampfsystem ist cool und auch die Skill-Mechaniken sind sinnvoll. Insgesamt ist das Spiel trotzdem zu einfach und hat mich als Spieler nicht genug gefordert. Dafür sorgen die unterschiedlichen Kameraperspektiven und Wechsel zwischen Action-Rollenspiel und Bullet Hell immer wieder für Abwechslung.

Ich bin mir sicher, dass NieR: Automata nicht für jeden etwas ist. Wer sich aber die Zeit nimmt, um sich auf das Spiel vorzubereiten und sich auf die gewollt hochtrabende Geschichte einlässt, hat mit dem Spiel viele Stunden Spaß.