Anno 1800: Gefangen im Hamsterrad

  • 20. September 2020 / Videospiele

Wenn ich mich die letzten Monate intensiv mit einem Videospiel auseinandergesetzt habe, dann meistens im Laufe eines Wochenendes. Diese losen Wochenend-Eindrücke möchte ich in Zukunft unter dem Format »Quick Game« festhalten.

Den Anfang dieses neuen Formats macht Anno 1800. Seit Anno 1701, welches 2006 erschienen ist, bin ich ein großer Fan der Anno-Serie und habe seitdem jeden Teil gespielt. So war es fast selbstverständlich, dass ich auch den neusten Ableger unter die Lupe nehme, wo ich mir doch vor ein paar Monaten endlich wieder einen Gaming-PC zugelegt habe.

Willkommen Zuhause

Spiel gekauft, installiert und direkt in das Freie Spiel gestartet. Die Inselwelt nach einer Insel mit Rohstoffen abgesucht, welche für die ersten Spielstunden benötigt werden. Bevor die Konkurrenz mir zuvor kommt, Segel gesetzt und diese Insel für mich beansprucht. Eine Stadt und die ersten Produktionsketten errichtet, um die Grundbedürfnisse der Bewohner zu erfüllen. Das alles hat sich sehr vertraut angefühlt und war fast so, als würde ich an einen alten, mir bekannten Ort zurückkehren, der mir positiv im Gedächtnis geblieben ist. Der Soundtrack und die wundervoll und detailverliebte Inselwelt haben ihr übriges dazu beigetragen.

Auch dass der neuste Teil vom deutschen Entwickler Blue Byte wieder in der Vergangenheit spielt, hat sich einfach gut und richtig angefühlt. Ich war nie ein großer Fan von Anno 2070 und 2205. Das Zukunft-Setting war mir immer zu abstrakt und nicht greifbar genug. Den Mond besiedeln, um dort an Rohstoffe heran zu kommen, um irgendwelche Fantasie-Produkte herzustellen? Da sind mir Ziegel, Bier und Eisenbarren um einiges lieber. Aber: Spielerisch hatten diese Teile einige interessante Neuerungen, die sich auch in Anno 1800 wiederfinden.

Willkommene Neuerungen

Auch wenn Anno 1800 mit seinem Schritt in die Vergangenheit wieder zu alten Wurzeln zurückfindet, bietet es einige Neuerungen. Im Blaupausen-Modus können Städte endlich voraus geplant werden, was bitter nötig ist, da diese zum Endspiel hin sehr groß werden und ein gutes Layout erfordern. Arbeitskräfte werden nun nach den Bevölkerungsstufen unterschieden, wodurch die Städte nicht nur wesentlich abwechslungsreicher aussehen, sondern auch spielerisch noch einmal mehr Komplexität erzeugt.

Ebenfalls neu ist, dass jede Insel einen Attraktivitäts-Wert hat, der durch zivile Gebäude und Produktionsstätten beeinflusst wird. So können Schönbauer anhand dieses Wertes Touristen anlocken, die als Einnahmequelle dienen. Wohingegen Spieler mit viel Industrie auf der Insel eher weniger von diesen profitieren.

Apropos Schönbauer: Auch in diesem Teil können wieder große Gebäude gebaut werden. Neben der Weltausstellung, kann auch ein Zoo inkl. Dekorationen und Tiergehege die eigene Insel zieren. Die Tiere dafür müssen allerdings erst einmal beschafft werden. So konnte ich die Weltausstellung zwar noch nicht bauen, hatte als Schönbauer mit dem Zoo aber schon jede Menge Freude, da ich in der Gestaltung völlig frei bin.

Auch gibt es nun informative Statistiken und Grafiken über die Zusammensetzung der Bevölkerung, die Einnahme- und Ausgabequellen und die Produktion und den Verbrauch von Gütern. Diese Statistiken sind unglaublich hilfreich, da so schon frühzeitig Probleme erkannt und behoben werden können.

Willkommen im Hamsterrad

Wie alle Strategiespiele, deren Fokus nicht auf Krieg liegt, ist der Reiz von Anno 1800 die Komplexität und die vielen Zahnräder, die ineinandergreifen. Mehr Bevölkerung bedeutet mehr Produktionen. Höhere Bevölkerungsstufen bedeuten neue Produkte mit komplexeren Produktionsketten und neue Inseln, von denen die Ressourcen mittels Schiffe beschafft werden müssen. Von den Konkurrenten, Nebenaufträgen, Priaten, Expeditionen und dem Handel ganz zu schweigen.

Bereits nach wenigen Stunden erreicht Anno 1800 eine Komplexität, so dass es immer etwas Neues zu tun oder Altes zu verbessern gibt. Manchmal hatte ich sogar Angst davor an gewissen Stellschrauben zu drehen, weil ich befürchtete das ganze Kartenhaus aus Abhängigkeiten würde in sich zusammenfallen. Spätestens als ich dann drei Inselwelten parallel verwalten musste, wurde mir klar: Es ist das bisher komplexeste und anspruchsvolle Anno der Serie. Und ich freue mich darauf, mich dieser Herausforderung Stück für Stück zu stellen.

Mit einem Freund habe ich sogar eine Mehrspieler-Partie gestartet, in der wir zu zweit die gleiche Partei spielten. So konnten wir Inseln und Aufgaben unter uns verteilen. Das hat nicht nur sehr viel Spaß gemacht, sondern sorgte auch für einen deutlich schnelleren und entspannteren Spielfortschritt. Und es trat das gleiche Phänomen auf, dass auch im Singleplayer auftritt: Immer wenn wir unsere Session beenden wollten, gab es doch nach ganz kurz etwas zu tun. Eine kleine Verbesserung hier. Ein neues Problem dort. Eine neue Aufgabe, die Gold und Items versprach. Und so wurde die Session immer länger und länger. Fantastisch, wenn ein Spiel es schafft, ein solches Spielgefühl zu entfalten.

Schlusswort

Anno 1800 hat bisher das abgeliefert, was ich mir erhofft habe und sogar etwas mehr. In meinen ersten 26 Spielstunden konnte ich schon einiges sehen. Aber längst noch nicht alles. So freue ich mich darauf, noch mehr zu entdecken und noch komplexere Wirtschaftssysteme auf die Beine zu stellen. Und vor allem darauf, immer wieder neu anfangen zu können, in der Hoffnung, es dieses mal besser zu machen.