Atelier Ryza: Die gelungene Gameplay-Loop

  • 20. November 2020 / Videospiele

Die Atelier-Reihe gibt es bereits seit 2004 in Europa und doch ist Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout das erste Spiel der Reihe, mit dem ich in Kontakt gekommen bin. Wie mir der erstmalige Ausflug in die Fantasy-Welt der Alchemie gefallen hat, erfährst du in dieser Ausgabe von Quick Game.

Die abenteuerlustige Ryza

In Atelier Ryza schlüpfst du in die Rolle von Reisalin Stout (Spitzname Ryza), welche in einem kleinen Dorf auf einer ebenso kleinen Insel lebt. Sie verbringt ihre Zeit vor allem mit ihren Freunden Lent und Tao. Zusammen machen sie sich auf die Suche nach Abenteuern, um dem öden Insel-Alltag zu entgehen.

Eine Tages wird ihre Heimat von einem Alchemisten und seiner Begleiterin besucht, der Nachforschungen zu den Ruinen auf der Insel anstellen möchte. Die Dorfbewohner, denen die Alchemie fremd ist, begegnen den Neuankömmlingen eher mit Skepsis und Furcht. Aber nicht Ryza. Voller Neugierde sucht sie den Kontakt zu den Reisenden und wird die Schülerin des Alchemisten. Auf diese Weise stolpert sie endlich in das Abenteuer, nach dem sie sich schon so lange gesehnt hat.

Das Charakterdesign von Ryza ist mehr als gelungen und hat wohl seit den ersten Trailern seinen Teil dazu beigetragen, dass es der bisher erfolgreichste Ableger der Atelier-Reihe ist. So dürfte ich nicht der Einzige sein, der dank dessen vom Spiel erfahren und es ausprobiert hat. Gelungenes Marketing.

Fokus auf die Stärken

Ich habe schnell gemerkt, dass Atelier Ryza wohl nicht von einem großen Triple A-Studio kommt. Dafür sind gewisse Bereiche des Spiels einfach nicht genug auf Hochglanz poliert. Das betrifft sowohl grafische, als auch spielerische Aspekte. Dennoch habe ich sicher über 50 Stunden in das Spiel gesteckt und es bis zum Schluss genossen. Das liegt vor allem daran, dass sich das Entwicklerstudio Gust auf die wirklich wichtigen Gameplay-Elemente fokussiert hat: Die Gameplay-Loop, die Alchemie und das Kampfsystem. Obwohl auch dort nicht alles perfekt ist.

Das japanische Rollenspiel hat eine wirklich motivierende Gameplay-Loop, die dir das nächste Ziel immer vor Augen führt. Diese sieht wie folgt aus: Du bekommst eine Aufgabe, durch die du in ein neues Gebiet kommst, welches es zu erkunden gilt. In diesem Gebiet findest du neue Monster, die bekämpft werden wollen, und neue Materialien, die zum Synthetisieren verwendet werden. Durch das Kämpfen gegen Monster steigen du und deine Begleiter, die in einer Party unterwegs sind, im Level auf und werdet stärker. Durch die neuen Materialien können neue Waffen und andere Items synthetisiert werden, wodurch sich deine Alchemie-Fähigkeiten und Ausrüstung verbessert. Durch diesen Fortschritt kann das neue Gebiet abgeschlossen werden und es gibt einen Story-Happen. Danach geht es wieder von vorne los.

Das Kampfsystem ist eine Mischung aus rundenbasiert und Echtzeit. Etwas, woran ich mich erst gewöhnen musste und gerade am Anfang schnell in Stress ausartete. Dass der Bildschirm voll mit Anzeigen ist, hilft da auch nicht unbedingt. Nach einer gewissen Zeit und einigem experimentieren konnte ich mich aber daran gewöhnen und hatte dann auch meinen Spaß damit. Es bietet mit den einsetzbaren Items, Skills, Rollen, Elementen und Combos genug Tiefe, um nicht zu stumpf zu sein. Es kommt aber nie an die Tiefe der Trails-Reihe oder ähnlichen Spielen heran. Das liegt auch daran, dass alle Gegner nach dem gleichen Muster agieren und damit selbst Bossgegner keine besonderen Herausforderungen bieten. War ich einmal im Fluss, war es mit hochstufigen Charakteren und guten Items in der Regel schon getan.

Der wirkliche Star des Spiels ist aber das Alchemie-System. Was relativ einfach und übersichtlich anfängt, entwickelt sich im Laufe der Spielstunden zu einem Monster an Mechaniken und Möglichkeiten. Daher werde ich hier gar nicht erst versuchen, dieses zu erklären. Es würde ihm nicht gerecht werden. In Kombination mit der Suche nach den richtigen und qualitativ hochwertigen Zutaten kannst du Stunden mit dem synthetisieren von Items verbringen. Es hat etwas hypnotisierendes, Zutat um Zutat hinzuzufügen, zu beobachten wie Zahlen nach oben steigen, Items neue Effekte und Fähigkeiten bekommen und neue Rezepte freigeschaltet werden. Und kurz bevor ich mich dafür entscheide das Item herzustellen, kommt immer diese innere Stimme im Kopf, die mich fragt: Hast du aus deinen Zutaten wirklich das bestmögliche Item herausgeholt? Geht es nicht doch noch ein klein wenig besser?

Ermüdende Schwächen

Ich kann Atelier Ryza einige Schwächen verzeihen: Die schwankende Qualität der Gebiete, von denne einige viel zu kurz kommen. Eher zweckdienliche Charakteranimationen und teil recht statisch wirkende Zwischensequenzen. Eine Story, die erst im letzten Drittel zu überraschen weiß und Charaktere aus der üblichen JRPG-Schablone bietet.

Aber doch gibt es auch Punkte, die nach einer gewissen Zeit einfach nur nervig und ermüdend sind: Für die immer länger werdende Liste an Rezepten gibt es keinerlei Such- oder Filterfunktion. Essentielle Spielmechaniken im Bereich Kampf- und Alchemie-System werden immer wieder viel zu ungenügend erklärt und so kam ich nur durch experimentieren dahinter, wie sie wirklich funktionieren. Die Nebenaufgaben bieten nette, kleine Geschichten, sind jedoch alle nur einfallslose Fleißarbeit.

Über all das können der tolle Soundtrack und die gute japanische Synchronisation nicht hinweghelfen. So sind es in der Summe alles Punkte, durch die Atelier Ryza eventuell seinen Reiz für dich verlieren kann, wenn die Stärken des Spiels dich nicht genug überzeugen und es an Experimentierfreude mangelt.

Schlusswort

Unter dem Strich ist Atelier-Ryza kein großartiges Spiel. Es ist aber ein gutes, solides und spaßiges JRPG geworden. Eines, wo ich selbst nach dem Spielende noch einige optionale Herausforderungen erledigt habe, weil mich die Gameplay-Loop und die Lust des Vervollständigen in ihren Bann gezogen haben.

Ich bin wirklich froh, der Atelier-Reihe eine Chance gegeben zu haben. Ich freue mich schon jetzt auf den zweiten Teil und hoffe, dass die Entwickler dort einige der Schwächen ausbügeln können.